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 Vergleichstestbericht Max TRV

Die echten Zweisitzer

Zwei unterschiedliche Konzepte mit 4x4 Antrieb für einmalig zweisame Ausfahrten On- und Off Road. Die Konkurrenten Bombardier Traxter Max und TRV 500i von Artic Cat stellen sich dem ersten weltweit durchgeführten Vergleichstest.

Der ATV-Markt ist seit 2 Jahren mächtig in Bewegung gekommen. Neuheit auf Neuheit wurde dieses Jahr präsentiert. Die wohl markantesten Modelle stellen die Zweisitzer-Generation der Firmen Bombardier und Artic Cat dar. Aufgrund einer Übereinstimmung der ATV-Industrie und dem US Justizministerium aus dem Jahre 1988 waren bisher auf dem amerikanischen Kontinent Ausfahrten zu Zweit auf einem ATV untersagt. Findige Ingenieure der Firma Bombardier, die seit einiger Zeit erfolgreich auch auf dem europäischen ATV-Markt agiert, fanden die einfache und innovative Lösung in der Verlängerung des Traxter Rahmens und der Konstruktion einer zweistufigen Sitzgelegenheit. Dieses weltweit erste Zweisitzer ATV findet seinen ersten Herausforderer in der TRV 500iA ( TRV = Two Rider Vehicle, i = Independent Suspension, A = Automatic )  aus dem Hause Artic Cat. Bekannt durch seine 40-jährige Tätigkeit im Fahrzeugbau baut der Hersteller aus Minnesota USA seit mehr als 7 Jahren auch erfolgreich ATVs. Mit der ersten europaweit geltenden Homologation für die Modelle 250, 300, 400 und 500 und Ausrüstung mit Straßenreifen schickt sich der Newcomer mit europäischem Headquarter ACE AG in Österreich an, den Markt dieses Jahr kräftig aufzumischen.

First Contact

Länger, zweiter Sitz, Haltegriffe, Rückenlehne schön bequem für die Sozia, so stehen sie da unsere Testkandidaten. Auf den ersten Blick fallen sofort die serienmäßigen Straßenreifen der Cat auf im Gegensatz zum Off Road Schuhwerk der Max. Artic Cat setzt ganz klar auf das Straßenkonzept. Nach einer Studie fährt ohnehin der größte Teil der ATVisten zu mehr als 90 % auf der Straße. Bei einer durchschnittlichen ATV-Reifenlebensdauer von nur rund 3.000 km – bei permanent 4x4 reduziert sich dies sogar auf 1.500 km bei den Vorderreifen - Lebensdauer und Kosten pro Satz von ca. 450 Euro, je nach Reifenmarke, ist der im Preis von 12.600 Euro enthaltenen M+S Satz mit Felge und einer Laufleistung von 25.000 km ein echtes Schmankerl. Ein entsprechender Nachrüstsatz würde mit rund 1.300 Euro zu Buche schlagen. Für den echten Anwender im Gelände besteht auch die Option die Original Off Road Pneus zu bestellen.

Die beiden Test-Zweisitzer sind mit einer europaweit geltenden Umrüstung versehen. Plate and Play – Nummerschild montieren und los - ist somit immer sofort möglich.

Das Zweisitzer-Sofa

Bei unserer Sitzprobe liegt das Augenmerk eindeutig nicht beim Fahrersitz sondern auf dem der Sozia. Bei beiden bequem wie ein Sofa. Fasst schon zu weich für deutsche Verhältnisse. Der Vergleich zu amerikanischen Automarken drängt sich stark auf. Während der kilometerlangen Testabschnitte wünscht die Sozia sich einen nach hinten versetzten Sitzabschluss. Bei längerer Fahrt kämpft sie ständig um eine halbwegs aufrechte Sitzposition.   Die Rückenlehne der Cat ist großdimensionierter und beweglich, sie passt sich so etwas besser dem Rücken an.

Die Bombardier verwöhnt die Mitfahrerin auf anderer Weise. Verhindert sie doch mit ihrem Durchstieg-Design den unfreiwilligen Kontakt mit verschmutzten Schuhwerk des Piloten. Auch ein Auf- und Absteigen während eines Arbeitseinsatzes z.B. wird dadurch wesentlich erleichtert. Weiterhin empfanden wir die universell zum Festhalten gestalteten Haltegriffe der Max als gelungener. Weniger gelungen die Anbringung der Blinkereinheit. Zum Bedienen muss die linke Hand den Lenker loslassen. Dieses Problem haben scheinbar auch die Ingenieure von Bombardier erkannt. Eine bei der Abholung unseres Testmodells Traxter Max gesichtete neue Outlander XT bot bereits eine bessere Lösung. Die bedienungsfreundlichere Variante weist allerdings immer noch die Cat auf. Der Tacho der Traxter ist bei Zündung Ein beleuchtet und ermöglicht ein Ablesen auch bei Wechsel von Licht und Schatten. Er bietet jedoch nur Infos über Geschwindigkeit, Gesamt- und Tageskilometer. Etwas mühsam auch das Ablesen derselbigen. Das Pendant von Artic Cat ist bei Sonnenschein aufgrund der in heller Farbe gefassten Geschwindigkeitsskala nicht immer wirklich abzulesen.

Schade, dachten wir bei dem Bombardier Anzeiger für den Tankfüllstand. Bekannt aus unserem Outlander Test ist die  designte und gut ablesbare Anzeige während der Fahrt nicht sicher abzulesen. Bei Stillstand sieht man besser zweimal hin. Regelrecht versteckt ist er im vorderen Bereich des Durchstiegs angebracht.  Der Tank sitzt bei der Max vorne unter dem Gepäckträger und seitlich eines 30 Liter fassenden Staufachs, welches ohne weiteres - neben dem dort angebrachten, üppig ausgestatteten Werkzeugsatz - einen Crosshelm schluckt. Erstaunlich auch die mögliche Zuladung von insgesamt 120 kg ! auf den beiden Gepäckträgern. Hier kann die Artic Cat nicht mithalten. Konstruktionsbedingt hat man bei dem hinteren Träger die Möglichkeit einer großen Fläche verschenkt. Zuladung deshalb laut Bedienungsanleitung nur vorne mit 45 kg. Dafür gibt es das MRP ( Multi- Rack-Plattform ) auf der sich ein großer Teil der reichhaltigen Zubehörpalette von Artic Cat anbringen läst. Clever gelöst und noch einmalig bei ATVs ist die Diebstahlsicherung der Arctic Cat. Nicht nur das ATV sondern auch noch zwei Helme lassen sich hier „Dingfest“ machen.

On the Road again

Dem Fahrer bietet sich bei der Bombardier die Möglichkeit, die 5 Gänge im Automatik-Modus oder manuell mit einer Schaltwippe zu schalten. Der Schalter ist dazu auch mit dicksten Winterhandschuhen gut zu erreichen und zu bedienen. Der entsprechende Gang wird gut sichtbar vorne im Cockpit angezeigt. Hier befindet sich auch der Fahrstufenwahlhebel. Parken, Rückwärts Neutral, High, und Low können hier gewählt werden. Zwischen dem ersten und zweiten Gang kam es gelegentlich zu scheinbaren Rangeleien, dies aber nur im Stillstand nach unseren Bremstests. Erst mit einer kleineren Zeitverzögerung konnten die beiden sich einigen. Bei Artic Cat können diese Fahrvarianten ebenfalls mit einem hier butterweich arbeitenden Wahlhebel eingelegt werden. Eine Parkposition muss mit einer an der Fahrzeugseite angebrachten Konstruktion betätigt werden. Zusätzlich kann der 4x4 bei jeder Geschwindigkeit zu- oder abgeschaltet werden. Eine Kontrollleuchte für den 4x4 sucht man allerdings vergeblich.

Nicht gefallen haben allen unseren Testern die Schaltvorgänge in der Automatikvariante der Max. Zu ruppig arbeitet hier der Automat zwischen den Gängen. Wer es zügig und sportlich mag, der bediene sich sofort des manuellen Schaltens. Hier langt der im Viertakt von zwei Kerzen dirigierte Rotax mit 498 ccm richtig hin. Im untersten Drehzahlbereich holt er scheinbar tief Luft um dann bis hinauf in die höheren Motortonleitern sein Kraftpotential voll zu entfalten. Ob mit oder ohne Beladung zieht der Motor mit großen Kraftreserven seiner Wege. Erst mit dem zusätzlichen Anhänger und noch einmal Extrazuladung ist ihm die Belastung ein wenig anzumerken! Dennoch zeigt er sich bei keinem Anstieg – und derer gab es einige bei unserem Test– überfordert. Der Verbrauch von 11-13 Litern bei derartiger Anstrengung liegt daher voll im grünen Bereich. Interessant auch die Möglichkeit in Fluchtrichtung alle fünf Gänge zuschalten. Die Höchstgeschwindigkeit ist hier allerdings auf sichere 15 km/h maximal begrenzt. Der Vorwärtsgang, in dem man angehalten hat, wird dann auch beim Schalten in den Rückwärtsgang als Fahrstufe beibehalten.

Die Konkurrenz von Artic Cat wird derzeit nur mit Automatik CVT Antrieb angeboten. Der 493 ccm große, mit U-Kat ausgestattete Motor entfaltet seine Kraft von unten heraus kräftig mit Nachhalt. Und das um so stärker, je mehr er die 1.000 km Laufleistungsmarke überschreitet. Ein echtes Einfahrerlebnis. Dank der Straßenreifen und dem damit widerstandsärmeren Abrollverhalten, ist die Cat definitiv sportlicher. Mit ihren Beschleunigungswerten von 0-70 km/h in ist sie auch bei Ausfahrten mit Einsitzern vorne dabei. Auch der Verbrauch von guten 10 Litern pro 100 km unterstreicht das bessere Straßenkonzept. Beide Modelle erreichen eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als 90 km/h. Als realistische Reisegeschwindigkeit auf unseren Testfahrten hielten beide locker die 80 km/h Marke .

Die große Wärmeabstrahlung des Suzukimotors der Cat, die in kälteren Jahrezeiten sicherlich als willkommene Wärmequelle gewertet wird, empfanden wird bei Testaußentemperaturen von 30 Grad im Schatten mehr als unangenehm. Eine Abdeckung und so Schutz vor unfreiwilligen Kontakt mit dem erhitzten Kraftpaket gibt es im Gegensatz zur Max für den Fahrer nicht. Dort sitzt der Motor im Heck und gestaltet die Fahrt bei heißen Sommertagen unterstützt durch einen großen Ventilator komfortabler für die Passagiere, da die Abwärme nach hinten abgeleitet wird. Festes Schuhwerk und langes Beinkleid sind bei der TRV und sommerlichen Temperaturen daher leider angeraten.

 Punkten kann die TRV 500 iA aber deutlich wieder mit ihrer vorne und hinten einstellbaren Einzelradaufhängung. Federwege von 22 cm sind üppig dimensioniert. Schnell gefahrene Kurven und Unebenheiten sind für sie kein Problem. Hier hebt kein Rad ab. Sehr sicher, satt mit allen vier Straßenreifen aufliegend bügelt sie alle Hindernisse aus. Die hintere Starrachse der Max kann hier konstruktionsbedingt nicht mithalten. Dennoch liegt auch sie sicher wie ein amerikanischer Straßenkreuzer auf dem Asphalt. Kurven Feeling wie bei der TRV kommt jedoch nicht auf. Eher hinderlich ist bei solchen Kurvereien der permanente Allrad. Je nach Reifendruck verlangt er vom Fahrer kräftig aufgebaute Muskulatur. Die Sozia – sie ist nicht nur mitgefahren - bevorzugte daher die Artic Cat. Hier spart Frau erheblich an Lenkkräften. An die sehr direkt reagierende Lenkung muss man sich allerdings gewöhnen. Spurrillen in der Fahrbahn verlangen aufgrund der „Walzen“ besondere Aufmerksamkeit, eben typisch „Breitreifen“.

Off Road

Die Domäne der Bombardier liegt mit ihrem Ausstattungspaket eindeutig in diesem Bereich. Grobes Profil der 12 Zoll Reifen und Visko Lok vorne , selbstständig bis nahezu 100 % selbstsperrend, je nach Traktion, lassen besonders unter feuchten Bedingungen keinen Zweifel aufkommen, wer hier die Nase vorn hat. Dazu kommt noch die hervorragende Motorbremsleistung in der Fahrstufe Low. Bei einer Hangneigung von 35 Grad – ja diese Zweisitzer sind auch extrem geländegängig, bei solchen Neigungen und Steigungen sogar sicherer gegen Überschlagen als ihre kürzeren Kollegen - ist eine Hinzunahme der manuellen Bremsen  bergab nicht notwendig gewesen. Wie viele CVT-Automaten tut sich die Cat hierbei schwerer. Auch bereiten bei Bergauffahrten die im Verhältnis profilloseren Straßenreifen Probleme. Bei Feuchtigkeit kann man mit Vortrieb nur noch bei leichtem Gelände rechnen. Zu schnell ist das M+S Profil zugesetzt und hat bei lehmigen Böden keine Chance auf Selbstreinigung und damit Vortrieb. Erst bei Wechsel auf das ursprüngliche Off Road Reifenset ist alles wieder im Lot. Unter trockenen Bedingungen ist es aber für uns erstaunlich, wohin man die Katze noch mit ihrem On the Road Schuhwerk bewegen kann. Das selbstsperrende Differential vorne leistet dabei gute Arbeit, reicht aber nicht an das Visko Lok der Max heran.

Die größere Bodenfreiheit und die angesprochene Einzelradaufhängung sprechen zu Gunsten der Artic Cat. Unter ihr kann man fast ein Nachtlager aufschlagen. Aus dieser Perspektive sind bei beiden statt des Sternenhimmels die durchgehenden Kunststoffplatten zum Schutz des Rahmens und des Motors zu erkennen. Die Aufhängungen der Cat sind leider nur im vorderen Bereich geschützt nicht von unten. Wasserdurchfahrten sind mit beiden Modellen problemlos durchzuführen. Bei der Max sollte man mit zu schnellem Durchfahren – das gilt allerdings generell für alle Flussdurchfahrten – vorsichtig sein. Der im Heck angebrachte Motor wird durch zwei Formel 1 anmutende Einlässe nahe des hinteren Gepäckträgers beatmet. Ein größerer Wasserschwall kann hier schneller seinen Weg zum Motor finden als einem lieb ist. Zugegebenermaßen werden solche Tiefen von den Otto Normal ATVisten eher selten erreicht.

Tracktest

Um die „ATV-Kolosse“ zu bewegen, bedarf es einer gewissen Motorstärke, die beide ausreichend aufweisen. Dass der Sprint von 0 auf 70 km/h nicht zu ihren besten Disziplinen gehören würde , davon war auszugehen. Um so überraschender das Ergebnis ( siehe Tabelle Messwerte ). Wichtiger und auch von uns mit Spannung erwartet waren die Bremswerte. Beide Zweisitzer verfügen über Scheibenbremsen vorne und hinten die hielten, was sie versprachen. Ein Fading war nicht festzustellen. Auch der Wenderadius hielt sich in Grenzen. Auf eine Dreipunktwendung sollte man sich dennoch des öfteren einstellen.

Fazit

Beide ATVs stellen einen gelungenen Entwurf dar, der besonders die unter den ATV-Interessenten anspricht, die gerne mit Komfort längere Strecken bewältigen wollen. Dazu stehen sofaähnliche Sitzgelegenheiten mit reichlich Platz für Fahrer und Sozia zur Verfügung. Auch mit den beiden flüssigkeitsgekühlten Motoren der Max und TRV ist man gut motorisiert unterwegs.

Das bessere Straßenkonzept – und dies ist das Primärziel des europäischen Hauptimporteurs in Österreich – wird durch die Artic Cat TRV 500 iA gestellt. Einzelradaufhängung in Verbindung mit einem Straßenreifensatz, sportliche Fahreigenschaften, zuschaltbarer 4x4, geringer Verbrauch und reichhaltiges Zubehörprogramm lassen keinen Wunsch offen. Die Option eines Off Road Reifensatz gibt es bei der Cat für diejenigen, die es extremer mögen. Eine Vergrößerung des Gepäckträgers hinten sowie die Reduzierung der Wärmeabstrahlung an den Fahrer wäre wünschenswert.

Die Traxter Max von Bombardier glänzt vor allem mit ihrem Off Road Paket. Das Visco Lok vorne in Verbindung mit dem 4x4 Antrieb und griffigen Ballonreifen ist unübertroffen. Dazu kommt noch die sehr gute Motorbremskraft bei Aktivierung der manuellen Gangwahl. Weiterhin besticht sie durch ihr arbeitserleichterndes Durchstiegs-Design und die Möglichkeit, zusätzlich zu den Passagieren 120 kg Gepäck zu laden. Das große abgedeckte Staufach vorne sucht in der ganzen ATV-Welt noch vergleichbares. Ein zuschaltbarer Allrad würde den guten Gesamteindruck noch vollständig abrunden. Mit dem Modell Quest  Max ist ein stärkerer Motor mit 650 ccm schon in Sicht.

Unserer Überzeugung nach werden die TRV und Traxter Max nicht die einzigen echten Zweisitzer auf dem ATV-Markt bleiben. Die Frage bleibt nur wer als nächstes in das Rampenlicht der Öffentlichkeit tritt ?

 

Copyright by Stefan Herbst